Der Logistiksektor steht vor erheblichen Herausforderungen: dem mittlerweile chronischen Mangel an Fahrern, der dringenden Nachfrage nach speziellen Frachträumen, insbesondere in komplexen städtischen Umgebungen, und den Schwierigkeiten, denen sich der Schienentransport gegenübersieht, um den Anforderungen einer zunehmend anspruchsvollen und „launischen“ Logistikkette gerecht zu werden. In den letzten Jahren waren Europa und Nordamerika der Ansicht, dass es zur Unterstützung des Wirtschaftswachstums unerlässlich ist, „mehr mit weniger zu tun“, was bedeutet, die verfügbaren Ressourcen angesichts begrenzter Transportkapazitäten und Raum zu optimieren. Obwohl die Vision digitaler, integrierter, kooperativer und automatisierter Logistiksysteme, genannt „Physical Internet“, in westlichen Ländern entstanden ist, schienen Japan und China – bis jetzt – den Weg zu ihrer Realisierung beschleunigt zu haben. „Schienen“, denn Anfang Juli wurden in Rom offiziell die Aktivitäten des europäischen IKIGAI-Projekts gestartet, dessen Ziel es ist, die realen Probleme der Logistik zu entschlüsseln, um die Skalierbarkeit innovativer Lösungen zu ermöglichen und dem Sektor einen bedeutenden Impuls in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Kontinents zu geben.
Das revolutionäre Konzept des Physical Internet
Das Physical Internet (PI) ist eine revolutionäre Vision, die darauf abzielt, eine Parallele zwischen Datennetzen im Internet und dem Warenfluss entlang von Logistikketten zu schaffen. Mit PI ist die Logistikkette vollständig automatisiert, und Güter bewegen sich durch komplexe Netzwerke unter Verwendung verschiedener standardisierter Transporteinheiten, intelligenter Umschlagzentren und geteilter Echtzeitdaten. Die Maximierung der betrieblichen Effizienz und die Minimierung der Umweltbelastung sind die beiden Hauptziele von PI, wodurch Güterströme flüssig, nachhaltig und intelligent werden.
Das globale Rennen um Innovation
Heute hat die Umsetzung von PI breite globale Zustimmung gefunden. In Japan sind der Mangel an Lkw-Fahrern und begrenzter Lagerraum zu kritischen Hindernissen für das Wirtschaftswachstum geworden. Als Reaktion auf dieses Problem hat die japanische Regierung eine dringende nationale Strategie zur Umsetzung von PI und zur vollständigen Digitalisierung von Informationen gestartet, mit einem Datenökosystem zur Optimierung von Transport und Lagerung. Ein wichtiger erster Schritt war die Verpflichtung von Unternehmen, Chief Logistics Officers (CLOs) zu ernennen. Innerhalb weniger Monate wurden über 23.000 Logistikverantwortliche damit beauftragt, die digitale Zusammenarbeit entlang der Lieferkette zu beschleunigen. Darüber hinaus haben sich bereits achtzig Produktionsunternehmen der Initiative angeschlossen und ihre Daten für mehr Effizienz geteilt.
In der Zwischenzeit strebt China an, die globale Standardisierung logistischer Innovationen anzuführen. Es leitet derzeit ein ISO-Komitee, das sich dem Thema widmet und die Grundlagen und Kriterien dafür festlegt, was als „Physical Internet“ klassifiziert werden kann. Diese strategische Position bringt China an die Spitze der Bewegung.
IKIGAI: Europas koordinierte Antwort
IKIGAI ist Europas koordinierte Antwort auf diesen globalen Wandel. Das Projekt, kofinanziert von der Europäischen Union, vereint führende Partner aus dem gesamten Kontinent. FIT Consulting, ein führendes KMU in der Entwicklung innovativer Maßnahmen und Lösungen im Bereich der industriellen Logistik, ist der Leiter des Konsortiums, das aus über dreißig exzellenten Partnern aus Industrie, Wissenschaft und Verbänden besteht.
In den nächsten 42 Monaten wird IKIGAI innovative Logistiklösungen demonstrieren, die darauf abzielen, Prozesse und Verfahren zu rationalisieren – hin zu einer Lieferkette, die auf den Prinzipien des europäischen Physical Internet basiert. Die Lösungen umfassen digitale Vermittlungsplattformen zur Verbindung von Versendern, Spediteuren und Transporteuren, die Schaffung intelligenter urbaner Logistikzentren für den Einsatz emissionsfreier Fahrzeuge, ein transparentes Emissionsverfolgungssystem entlang von Lieferketten, die Entwicklung wiederverwendbarer modularer Container mit universellen Standards und die Umsetzung kooperativer Lagerhaltungs- und Zustelllösungen für die letzte Meile. Einige „Säulen“-Innovationen des Projekts werden mit Unterstützung strategischer Partner umgesetzt, die für deren Implementierung verantwortlich sind. Dazu gehören: Gruber Logistics, ein führendes Logistikunternehmen und Pionier in der Brancheninnovation; GS1, eine neutrale, gemeinnützige Organisation, die die weltweit am häufigsten verwendeten globalen Standards für Geschäftskommunikation entwickelt und pflegt; ALICE (Alliance for Logistics Innovation through Collaboration in Europe), die europäische Technologieplattform für Logistik, die mit über 200 Mitgliedern im Sektor Innovation und Zusammenarbeit in Logistik und Lieferketten fördert; CERTH, ein gemeinnütziges Unternehmen, das sich auf technologische Innovation für Forschung und Entwicklung spezialisiert hat; und SMART Freight Centre, eine unabhängige gemeinnützige Organisation, die die weltweit methodische Grundlage für die Berechnung von Transporteemissionen bereitstellt; INLECOM, ein in Griechenland ansässiges Technologieunternehmen, das besonders in Forschungs- und Entwicklungsprojekten tätig ist; PNO, ein führendes Unternehmen in der Planung und Innovation urbaner Logistik; und ICCS, das Institut für Kommunikation und Computersysteme.
„Während ein Wettlauf um die Modernisierung des Logistiksektors im Gange ist, hat das IKIGAI-Projekt bereits alle Karten auf den Tisch gelegt, um Europa an die Spitze des Wandels zu bringen – aber auch, und vor allem, um das Konzept der globalen Herausforderung zu überwinden, indem kollaborative Brücken zu laufenden Initiativen auf anderen Kontinenten geschaffen werden“, sagt Paola Cossu, Projektkoordinatorin und CEO von FIT Consulting. Das Treffen in Rom sah die direkte Teilnahme von Fachleuten aus Japan und den Vereinigten Staaten, und ALICE ist nun im Namen des Projekts Mitglied des ISO-Komitees für Logistikinnovation unter chinesischer Leitung.